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Phantastische Oper in 5 Akten von Jacques Offenbach
In Jacques Offenbachs “Hoffmanns Erzählungen” steht der Dichter E.T.A. Hoffmann im Mittelpunkt und berichtet von drei großen Lieben. Diese Geschichten sind nicht nur faszinierend, sondern auch tief berührend und spiegeln die verschiedenen Facetten der Liebe wider: von der Illusion über die Hingabe bis zur Verführung. Jede Liebesgeschichte entfaltet sich in einem eigenen Akt und ist eng mit dem Übernatürlichen verknüpft, was die Oper zu einem einzigartigen Erlebnis macht. Hoffmanns drei großen Lieben – Olympia, Antonia und Giulietta – sind mehr als nur romantische Episoden. Sie sind Spiegelbilder seiner eigenen Seele, seiner Träume und Ängste. Jede Geschichte enthüllt eine andere Facette seines Charakters und seiner Vorstellung von Liebe. “Hoffmanns Erzählungen” zeigt, dass Liebe in vielen Formen auftreten kann: als Illusion, als leidenschaftliche Hingabe und als verführerische Versuchung. " Das Überlinger Publikum am Samstagabend im ausverkauften Konzertsaal freute sich an einer grandiosen Inszenierung, die im Kulturleben der Stadt sicher noch lange nachhallen wird. Der junge Regisseur Ruben Michael hat der Versuchung, den ohnehin komplexen Plot durch regietheatrale Interpretationsansätze zusätzlich zu verdunkeln überzeugend widerstanden und mit einem sehr illustrativen Bühnenbild und pfiffigen Einfällen die Bühnenwirkung der Oper gesichert. [...] Das Bühnenbild dominiert ein riesiger, halbdurchsichtiger weißer Vorhang, der das Diesseits leidvoller Umtriebe und intriganter Machenschaften vom schwarzlichtgetränkten Jenseits des ersehnten, angebeteten, aber nie in Liebe erreichbaren fiktiven Frauengestalten trennt. [...] Was die acht Könner da im kleinen Orchestergraben an rhythmischer und harmonischer Präzision und klanglicher Wucht aufboten, ließ einen opulenten Opernklangkörper, wie er damals in der Pariser Opéra Comique erwartbar war, zu keiner Sekunde vermissen. " Südkurier, 19.08.2024 |
Hi Ruben, was hat dich an “Hoffmanns Erzählungen” besonders fasziniert und dazu bewogen, dieses Stück zu inszenieren?
Das Stück ist anders als jede andere Oper. Sie wird nicht linear erzählt. Ähnlich, wie auch der Freischütz, arbeitet die Oper viel mit Phantasiewelten und lädt dazu ein, kreativ zu werden. Das fasziniert mich, weil es mich inspiriert. Hoffmanns Erzählungen spielt an unzähligen Schauplätzen und hat viele Zeitebenen. Wie setzt du das visuell um? Es geht weniger um Zeitebenen, als um Poesie- oder Traum-, ja Wahnebenen. In diesem Stück verschwimmen Zeit und Ort. Sie verlieren an Relevanz für Hoffmann, der in seinem Delirium die Wahrheit sucht und nicht mehr zwischen Traum und Realität differenzieren kann. Diese Metaebenen setzen wir auch visuell in der Inszenierung um, erzählen viel mit dem Licht und nutzen die gesamte Tiefe des Saals. Eine besondere Rolle nimmt hier der Einsatz von Schwarzlicht ein. Aber zu viel will ich vorab noch nicht verraten. Klingt nach einer eher aufwendigen Produktion... Absolut. Die Inszenierung ist künstlerisch und vor allem aber auch bühnentechnisch sehr anspruchsvoll. Das konnten Emma Bröggelhoff, meine Regieassisentin, und ich nur durch die frühe Zusammenarbeit mit dem grandiosen Bühnenteam der Technik um Minne, Mathis und Jacob realisieren. Sie sind großartig! Worum geht es in dem Stück in deinen eigenen Worten? Die Oper ist eine große Hommage an die Kunst und die Poesie. Wir begleiten den Künstler Hoffmann auf seiner inneren Reise. Wir werden Zeuge davon, wie er das Konstrukt Liebe hinterfragt und komplett zerlegt. Er versucht herauszufinden, wie Liebe funktioniert, was sie bedeutet. Wir versuchen als Zuschauende, einem Künstlerkopf zu folgen. Das ist keine leichte Aufgabe. Und an einigen Stellen wirft das Stück vielleicht auch eher Fragen auf, als Antworten zu liefern, aber ist das bei der großen Liebe nicht genau so? Du führst nach dem Freischütz im Jahr 2023 bereits zum zweiten Mal Regie für die Oper am See. Was macht die Arbeit am Bodensee für dich besonders? Was mich hier immer berührt, ist die unglaubliche Leidenschaft und die Liebenswürdigkeit, mit der das Team agiert. Der Chor - das Herzstück der Oper am See - ist, obwohl es Hobbysänger*innen sind, sehr leistungsfähig und arbeitet, wie auch die Organisation und die Leitung, sehr professionell und verliert dabei nicht die Freude an manch wahnsinnigem Experiment. Das sind genau die Dinge, die ich an der freien Szene so schätze. Wie lief die Zusammenarbeit mit Vincent Andreas, dem musikalischen Leiter ab? Anders als bei vielen anderen Produktionen, haben wir von vornherein eine gemeinsame Vision erarbeitet und uns abgestimmt. Wir haben dieses Stück zusammen erdacht und unser eigenes Konstrukt erschaffen können. So konnten wir den Grundstein für eine ganz besondere Interpretation legen. Jacques Offenbach hat Hoffmanns Erzählungen nie zu Ende schreiben können. Und obwohl die Oper als unvollendet gilt, haben wir gemeinsam eine Fassung geschaffen, die ihm würdig gewesen wäre. Zurück zum Schwarzlicht. Habt ihr genug Fusselrollen besorgt? Ich hoffe es sehr. Aber jetzt muss ich zurück in die Werkstatt. Vielen Dank für das Gespräch, Ruben! Ich danke dir. Text: Jonathan Würmeling |